In einigen Unternehmen geht derzeit die Sorge um, dass viele Angestellte kündigen. Grund soll das Bürgergeld sein. Ein Thema, das auch CDU und FDP beschäftigt. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen dafür, wie jetzt aus einer Anfrage der Grünen hervorgeht.
Wenn die Arbeitnehmer tatsächlich weniger verdienen würden, als sie als Bürgergeldempfänger bekommen würden, dann ist doch offensichtlich nicht das Bürgergeld, welches das Existenz-Minimum sicherstellen soll, zu hoch, sondern das Gehalt der Arbeitnehmer zu niedrig.
Beim Existenz-Minimus sollte meiner Meinung nach aber nicht genug Geld übrig bleiben um Tabak und Alkohol zu finanzieren. Als Single scheint es sich mit Bürgergeld ja gut leben zu lassen. Sofern man sich noch darum kümmert auch alle anderen Zuschüsse zu nutzen.
Bei Alleinerziehenden oder Familien sieht das vermutlich wieder ganz anders aus, da kommen viel mehr Ausgaben dazu.
Es gibt beim Existenz Minimum explizit die Anforderung dass Menschen einem normalen Sozialen Umgang führen können und auch an Kultur teilhaben können. Das ist nicht kontrollierbar und die Leute können sich stattdessen für Alkohol und kippen entscheiden. Das ist aber wortwörtlich nicht dein Bier.
Die Vorstellung Existenzminimum würde bei Hunger und Dach aufhören zeigt einfach nur wie wenig würde man den Menschen eigentlich zusprechen will.
Umgekehrt: Gerade bei Familien wird es sehr schnell extrem schwer mehr Geld zu verdienen, als du durch Bürgergeld und damit assoziierte Vorteile bekommst.
Deutsche Wirtschaft: Arbeit darf nicht freiwillig werden, wo kommen wir denn hin wenn die Sklaven in die Position kommen beschissene Jobs ablehnen zu können!
So hatte der Bundesverband des Gebäudereiniger-Handwerks im Oktober unter Berufung auf eine eigene Umfrage unter seinen Mitgliedsunternehmen mitgeteilt, dass bei 28 Prozent der Unternehmen bereits mehrere Beschäftigte mit konkretem Verweis auf das Bürgergeld gekündigt oder eine Kündigung in Aussicht gestellt hätten.
Ich frage mich, ob hier eher die Mitarbeiter geflunkert haben, weil sie eine besser Stelle oder eine gleichbeschissen Stelle wo anders angenommen haben, aber da nicht von ihrem Chef Mau gemacht werden wollten. Oder haben eher die Chefs geflunkert, die ihre Angst schon mal in den Lobbydiskurs projiziert haben, weil sie nicht wollen, dass ihre Mitarbeiter mehr Lohn fordern können?
Da ich ab und an mit Gebäudereinigern beruflich zu tun habe, kann ich mir durchaus vorstellen, dass da einige gegangen sind. Das sind alles Ungelernte und Putzen ist schnell jedem beigebracht. Die Fluktuation ist dort allgemein hoch. Ein 1€ die Stunde mehr woanders - zack - ist der/die woanders.
Nur, es finden sich halt immer weniger, die bereit dazu sind im Minijob für knapp zum Mindestlohn zu arbeiten. Anfahrt zu wechselnden Standorten natürlich nicht bezahlt.
Vermutlich haben die Reinigungsfirmen damit reagiert, dass sie den Lohn etwas angehoben haben. Sonst können sie die Aufträge nicht mehr abarbeiten.
Wenn in den Unternehmen die Sorge umgeht, dann wären bessere Arbeitsbedingungen (inklusive höherer Gehälter/Löhne) sicher ein probates Mittel dagegen. Die bisherige Vorgehensweise mancher Arbeitgeber und der Union, nämlich ein Heulkrampf, scheint zumindest wenig vorteilhaft zu sein.
Das ist reiner Populismus. Die Politiker, die in die gleiche Kerbe hauen, werden höchstwahrscheinlich nie in den Genuss kommen, Bürgergeld beziehen zu müssen.
Wer Bürgergeld bezieht, kann sich ja nicht einfach nur einen faulen Lenz machen. Man steht im Grunde genommen ständig mit dem zuständigen Jobcenter in Kontakt, denn es soll ja das Ziel sein, wieder Arbeit zu bekommen. Und weil der Bezug von Bürgergeld so knapp bemessen ist, kann es sein, dass man eben nicht über die finanzielle Freiheit verfügt, die man hätte, wenn man einer Arbeit nachgeht (z.B. ist man ganz schnell in der Rolle des Bittstellers wenn es um ein Darlehen für eine Waschmaschine o.ä. geht; über Einkommen, auch einmalige Einkünfte, muss man ständig Rechenschaft ablegen, ggf. werden die Einkünfte mit dem Bürgergeldbezug verrechnet).
Hinzu kommt, dass, wenn man selber seine Arbeit kündigt, eine Sperrzeit von drei Monaten eintritt. In dieser Zeit werden lediglich die Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen. Kein Arbeitnehmer würde dies ohne Not in Kauf nehmen.
Dies alles hat man nicht, wenn man einer Arbeit nachgeht. Sicherlich gibt es auch Fälle, bei denen das Einkommen aus Arbeit gleichwertig oder gar unterhalb des Bezuges vom Bürgergeld liegt, aber das ist kein Problem des Bürgergeldes. Das ist ein Problem bei der Besteuerung des Einkommens.
Und weil der Bezug von Bürgergeld so knapp bemessen ist, kann es sein, dass man eben nicht über die finanzielle Freiheit verfügt, die man hätte, wenn man einer Arbeit nachgeht (z.B. ist man ganz schnell in der Rolle des Bittstellers wenn es um ein Darlehen für eine Waschmaschine o.ä. geht; über Einkommen, auch einmalige Einkünfte, muss man ständig Rechenschaft ablegen, ggf. werden die Einkünfte mit dem Bürgergeldbezug verrechnet).
Das ist in meinen Augen ein extrem wichtiger und häufig ignorierter Punkt. Ich kenne selber einige, die seit langer Zeit von ALG-II und nun Bürgergeld abhängig sind. Denen ist völlig klar, dass sie nicht nur jetzt arm sind, sondern auch, dass sie es im Alter immer noch/wieder sein werden (falls es dann nicht noch schlimmer ist), da sie einfach keine Möglichkeit haben, Ersparnisse anzulegen oder für das Alter vorzusorgen. Diese Perspektive ist extrem belastend, weshalb eigentlich alle, die ich kenne, nur aus diesem System raus wollen.
In der öffentlichen Debatte kommt mir dabei zu kurz, dass der Wert von "Arbeit" ja nicht nur der monatliche Lohn ist, sondern auch Altersvorsorge, tarifliche Absicherung, öffentliche Teilhabe und psychologische Grundbedürfnisse umfasst. Es ist dabei ironisch, dass es vor allem die Arbeitgeber sind, die immer wieder diese auf Lohn reduzierte Sichtweise auf Arbeit vertreten (und das hat in meinen Augen ein klares Kalkül).
Ich verlinke es immer wieder gerne in solchen Diskussionen:
Zum Stichtag 1. August 2023 erhielten rund 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld, rund 1,5 Millionen von ihnen waren nicht erwerbsfähige Kinder unter 15 Jahren. Von den verbleibenden rund 4 Millionen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sind rund 20 Prozent erwerbstätig. Rund 40 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten war für den Arbeitsmarkt verfügbar. Die übrigen rund 40 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten standen dem Arbeitsmarkt nicht oder nur bedingt zur Verfügung, weil sie sich z.B. in Ausbildung bzw. Studium befanden, Kinder erzogen, Angehörige pflegten oder kurzfristig arbeitsunfähig waren.
Sprich: Wir reden max. über 1,6 Mio Personen, die Bürgergeld beziehen und theoretisch für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Und da sind dann z.B. auch Flüchtlinge aus der Ukraine mit dabei, die zwar dem Arbeitsmarkt irgendwie zur Verfügung stehen würden, aber etwa nicht die Sprache sprechen.