Es war im Sommer 2021, für André G. stand ein Aufenthalt in einer Kurklinik an der Ostsee an. Die hatte ihn schon vorher – mitten in der Corona-Pandemie – auf die Maskenpflicht hingewiesen. G. bestand darauf, dass er „von der Maskenpflicht ärztlich befreit“ sei, wie es im Urteil heißt. Doch die Klinik hielt an der Maskenpflicht fest, auch als G. anreiste.
Also rief G. mehrfach den Notruf 110. Dem Gericht erklärte er, es habe sich um einen Notfall gehandelt. Weil die Klinik den Behandlungsvertrag gebrochen habe, habe ihm Obdachlosigkeit gedroht, seine Wohnung habe er für die Zeit der Kur untervermietet. Zudem habe er einen Polizisten wegen Nötigung anzeigen wollen, der ihn aufgefordert habe, das Kurgelände zu verlassen, und sich geweigert habe, eine Strafanzeige entgegenzunehmen.
G. war so entrüstet über all die Berichte, dass er sogar beim Presserat eine Beschwerde einreichte. Absender war seine amtliche Signatur bei der Polizei samt Dienststelle, Telefonnummer, dienstlicher E-Mail-Adresse und der seines Kommissariats. Im Betreff stand: „Politisch motivierte Rufmordkampagne“. Unterschrieben mit: „Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Falkensee“. Die Polizei hat – nachdem sie lange nichts tat – inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen G. eingeleitet.
Wild. Dass so ein Vogel seine Sicht des Rechtssystems auch mit Gewalt durchsetzen darf sollte halt einfach nicht sein.
Der Polizist war bereits im Mai 2022 vom Amtsgericht Stralsund zu einer Geldstrafe von 100 Tagesätzen zu je 70 Euro, insgesamt also 7.000 Euro, verurteilt worden. Der Beamte legte dagegen Berufung ein, er wollte einen Freispruch erreichen. Doch das Landgericht Stralsund bestätigte Ende Oktober den Schuldspruch, senkte nur die Höhe der Geldstrafe ab auf 60 Tagessätze zu je 50 Euro, insgesamt 3000 Euro. Damit ist G. nicht vorbestraft, das wäre er erst ab 90 Tagessätzen.
Und diese Scheiße ist immer so lächerlich. Wenn mal Polizisten überhaupt rechtlich belangt werden für das was sie alles abziehen, dann immer schön so, dass sie nicht als vorbestraft gelten.
Redakteur Julius Geiler geriet wegen eines Berichts über G. sogar ins Visier des Staatsschutzes des Landeskriminalamtes (LKA). Laut der an Geiler gerichteten polizeilichen Schreiben war für das Pressedelikt eine beim Dezernat „Politisch motivierte Kriminalität – links“ angesiedelte Stelle zuständig.
„Politisch motivierte Kriminalität – links“. Ausgerechnet bei einem Tagesspiegel(!) Journalisten. Hier ist übrigens was er so schreibt. Was kommt als nächstes? Die Bild ein linksextremer Verdachtsfall?