In Open-Source-Projekten steigt der Unmut. Mangelnde Vergütung bei wachsenden Anforderungen an Features, Dokumentation und Sicherheit belastet Maintainer.
Es gibt Gründe dafür, dass kommerzielle Software noch Kunden findet. Die Qualität freier Alternativen ist einer davon. Diese wiederum scheitert vor allem an der Sache mit den vielen Köchen und dem Brei.
Äh nein, die scheitert in der Regel am Geiz der Userbase, fehlender Mithilfe aus der Community und zeitlicher Überforderung der Maintainer. In allererster Linie machen Open-Source-maintainer das, worauf sie gerade Lust haben - ist Ja schließlich ein Spaß- und Herzensprojekt und findet in der Regel in der Freizeit statt. Da dauert es dann halt mal länger, bis eine regression behoben oder eine Sicherheitslücke gestopft ist.
Das "freie Software ist schlechter als kommerzielle Software"-Narrativ ist einfach nur Quatsch. Freie Software mit nachhaltigem Finanzierungskonzept (wir erinnern uns: frei nicht wie in "Freibier" sondern wie in "Freiheit") stellt oft jede Closed-Source-Alternative in den Schatten. Kommerzielle Software ist nur so lange interessant, wie sie Profite abwirft und wird danach mit sofortiger Wirkung fallengelassen. Als User hast du mit Closed Source höhere Kosten, weniger bis keinen Einfluss auf die Entwicklung des Projekts und letztlich das Risiko, dass du irgendwann ausgesperrt wirst, weil das Produkt für die entwickelnde Firma nicht mehr profitabel läuft. Wenn du stattdessen auch nur die Hälfte an eine freie alternative gespendet hättest, hättest du diese Nutzerprobleme nicht und hättest zusätzlich noch dazu beigetragen, dass die Entwicklung des Projekts effizienter und nachhaltiger wird. Projekte mit ausreichend Finanzierung im Rücken stellen auch mehrere feste Entwickler an, die idR aus Leidenschaft an dem Projekt arbeiten und nicht, weil sie ihre 40+ Stunden pro Woche irgendwie absitzen müssen, um ihr Konzerngehalt einzufahren.
Edit: ach so, Quellenangabe wollte ich noch mitliefern. Bin einer der geschassten Vollzeit-Konzernentwickler und hobbymäßig Open-Source-maintainer, der von seiner community in den letzten acht Jahren vielleicht insgesamt 500€ zu Gesicht bekommen hat. Den Großteil der Entwicklung tragen Werbung (EthicalAds) und Sponsoring durch mehr als dubiose Internetglücksspielfirmen auf OpenCollective.
Definitiv - und als User einer Closed Source-Software bist du dem Hersteller vollkommen ausgeliefert. Entwickelt der das nicht weiter, hast du schnell ein Problem. Will der mehr Kohle, hast du schnell ein Problem. Bei OpenSource mit freien Lizenzen kannst du ja bei entsprechender Kritikalität die Software wenigstens selbst weiterentwickeln oder jemanden dafür bezahlen. Du kannst dir auch eigene Anpassungen basteln oder genau den einen Bug beheben, der deiner Firma gerade das Leben schwer macht.
Als jemand, der jede Menge Open Source selbst entwickelt, und das ausschließlich, weil ich Bock darauf habe (und im Zweifel meine eigenen Ideen interessanter finde als die von irgendwelchen anderen Leuten) und nicht für Geld, was mir gewisse Entscheidungsfreiheiten gibt, bin ich da hoffentlich qualifiziert, folgende Frage zu stellen: Warum ist GIMP dann immer noch so eine schrecklich schlechte Alternative zu Photoshop?
weil... Adobe der Weltmarktführer ist in dem, was sie tun?
Du kannst doch nicht ernsthaft ein Projekt, das monatlich weniger als 20 Contributors hat und dessen Codebase zu über 50% von vier Leuten stammt, mit einem Multimilliardenprojekt wie Photoshop vergleichen?!
Direkte Spenden an die GIMP-Entwickler belaufen sich so auf circa 2500 - 3000$ monatlich, dazu beziehen sie noch Gelder aus der GNOME foundation (deren Höhe ich nicht herausfinden konnte). Vergleiche das mal mit den Umsätzen, die Adobe einfährt. Und genau da kommen wir wieder zum Kernproblem des Artikels: GIMP hat tausende Nutzer, aber für die Hauptentwickler bleiben jeweils weniger als 1000 Kröten monatlich hängen, während alle Welt nur schreit: "IHR SEID ABER AUCH IMMER NOCH NICHT SO GUT WIE PHOTOSHOP!". Als Maintainer zehrt das unwahrscheinlich an den Nerven.
Ich hab das Gefühl, deine Frage zielte völlig an dem vorbei, was ich eigentlich auszusagen versuchte: Seinen Code zu verschließen macht ein Produkt nicht einfach pauschal besser. Dass es hervorragende Produkte mit geschlossener Codebase gibt, für die es keine nennenswerten freien Alternativen gibt, sei ja überhaupt nicht in Frage gestellt. Diese Closed-Source-Projekte sind in der Regel viele Jahre älter als die freie Konkurrenz, konnten sich früh auf dem Markt etablieren und haben z.B. durch die Proprietarisierung von Dateiaustauschformaten alles daran getan, dass sich keine Alternativen in die entsprechende Nische wagen.
weil… Adobe der Weltmarktführer ist in dem, was sie tun?
Gut, besseres Beispiel: Serif (Affinity). Die gibt es noch nicht sehr lange und die haben auch nicht unbedingt so ein riesiges Budget, aber trotzdem innerhalb weniger Jahre eine brauchbare Alternative zur Adobe-Suite rausgebracht. GIMP gibt es jetzt seit 25 Jahren und das ist immer noch alles andere als wirklich gut.
GIMP ist auch der Marktführer unter GNU-fähigen Systemen. Wie viele "tausend Kröten" im Monat wären nötig, um da endlich mal voranzukommen?
Linuxdistributionen sind ein gutes Beispiel. Eine Linuxdistribution wird von Kernel-, Init-, X/Wayland-, Desktop-, Paketierungs- und Userlandteam (hier oft GNU) gleichzeitig entwickelt, und die sind einander oft spinnefeind.
Und trotzdem liefert eine Linux-Distribution ein besseres Betriebssystem als Windows. Das einzige was fehlt, ist 3rd party support, aber da können die Entwickler halt nichts dafür.
Auf der überwiegenden Mehrheit aller Desktopgeräte läuft Windows. Ich bin mir nicht sicher, ob "aber viele Menschen benutzen es!" irgendein Kriterium für irgendetwas sein sollte.